Drucklufanlassvorrichtung des IFA Dieselschleppers RS 01/40 Pionier
Der Pionier hatte im Laufe seiner Produktionszeit eine Reihe von Anlassvorrichtungen bis man zum eleltrischen Anlasser kam. Hier möchten wir euch das Prinzip der Druckluftanlassvorrichtung erklären.
Der Motor hatten einen speziellen Zylinderkopf. Durch den Einbau einer Druckluftanlaßvorrichtung und eines Zündpapierhalters wird der Motor mit Druckluft angelassen. Zum Anlassen strömt die Druckluft aus der Luftflasche über das Anlaßsteuerventil zu den Zylindern 2 und 3. Die Luftflasche wird durch den als Kompressor arbeitenden Zylinder 4 über das Ladeventil gefüllt.
Am Ventilkopf der Luftflasche befindet sich die Anlaßleitung, die Fülleitung und ein Manometer. Das Hauptventil ist ein Spindelventil und wird durch eine Bleipackung abgedichtet, damit im geöffneten Zustand keine Luft nach außen entweichen kann. Es ist so im Ventilkopf montiert, daß nach dem Schließen des Hauptventils kein Ventilkopfanschluß mehr unter Druck steht.
Das Anlaßsteuerventil soll die beim Anlassen aus der Flasche strömende Luft im richtigen Zeitpunkt nach der Zündfolge des Motors in die Zylinder 2 und 3 leiten. Es ist auf der Motorstirnseite vor Zylinder 1 an das Kurbelgehäuse angeflanscht. Die beiden Ventile werden von der Nockenwelle gesteuert. Die Hebel sind auf der Exzenterwelle gelagert. An dem aus dem Gehäuse ragenden Ende der Exzenterwelle ist ein Handhebel befestigt. Wird dieser Handhebel betätigt und dadurch die Exzenterwelle gedreht, so erhalten die Hebel eine Spreizstellung, in der sie weder an den Steuernocken anlaufen noch die Ventile berühren, so daß das Anlaßsteuerventil außer Betrieb ist. Die Anlaßventile öffnen sich durch den Druck der einströmenden Luft und schließen sich nach dem Luftstoß durch die Federkraft selbsttätig, damit der Kompressionsraum der Zylinder 2 bzw. 3 abgeschlossen ist.
Im Füllventil ist ein einfacher Fallkegel, der sich nach dem Öffnen des Sperrventils bei jedem Verdichtungshub im Zylinder von dem Ventilsitz abhebt und nach dem Verdichtungshub wieder auf den Sitz fällt. Das Füllventil hat Kühlrippen, um die Wärme abzuleiten, die beim Ladevorgang durch die hochverdichtete Luft entsteht. An dem Nippel des Ladeventils kann ein Reifenfüllschlauch angeschlossen werden. Das Füllen der Schlepperreifen direkt aus der Luftflasche kann wegen des hohen Luftdruckes die Reifen zerstören. Deshalb ist der Reifenfüllanschluß so angebracht, daß es nicht möglich ist, die Reifen von der Luftflasche zu füllen, sondern nur durch den als Luftpumpe wirkenden Zylinder. Um ein “Füllen mit Zündung” zu verhindern, ist direkt über der Einspritzpumpe des Motors das Kraftstoffumlenkventil zwischen die Kraftstoffdruckleitung zum Zylinder 4 geschaltet. Nach dem Öffnen des Ventils wird der Kraftstoff durch die Rückförder-leitung in den Saugraum der Einspritzpumpe zurückgefördert. Das Einspritzventil ist also außer Betrieb.
Zum Füllen der Luftflasche muß der Motor mit niedriger Drehzahl laufen. Dann werden nacheinander Kraftstoffumlenkventil, Hauptventil und Sperrventil geöffnet. Der Kolben pumpt mit jedem Verdichtungshub über den Fallkegel Luft durch die Fülleitung in die Flasche.
Die Schraubkappe des Kraftstoffumlenkventils ist so konstruiert, daß sie nach Abnahme als Schlüssel für die Ventilspindel benutzt werden kann, indem sie umgedreht und mit der eingefrästen Nut auf die Ventilspindel gesteckt wird. Die Spindel wird so weit nach links zurückgedreht, bis ein Widerstand zu spüren ist, und dann fest angezogen, damit das Ventil im geöffneten Zustand nach außen dicht ist. Die Kappe wird während des Ladevorgans leicht aufgeschraubt, damit sie nicht verlorengeht (auf den Dichtring achten).
Das Hauptventil wird nur etwas aufgedreht. Nach außen dichtet im geöffneten Zustand eine um die Spindel gelegte Dichtpackung ab. Bläst das geöffnete Hauptventil an der Spindel ab, so wird die große Überwurfmutter an der Spindel nachgezogen und die Dichtpackung wieder dichtfähig gemacht.
Das Sperrventil muß, wie das Kraftstoffumlenkventil, beim Öffnen bis zum Anschlag zurückgedreht und fest angezogen werden, damit keine Luft nach außen entweicht. Ist das Füllen beendet, werden alle Ventile in umgekehrter Reihenfolge fest geschlossen.
Luftflasche
An der Unterseite der Luftflasche ist eine Ablaßschraube für das Kondenswasser. Dies ist eine Hohlschraube mit einer Querbohrung im Schaft, unmittelbar unter dem Kopf. Die Schraube ist nach 100 Betriebsstunden zum Ablassen des Kondenswassers zu lösen.
Die Luftflasche ist als Druckbehälter überwachungspflichtig. Sie muß der zuständigen Technischen Überwachungsstelle angemeldet werden, wobei die für jeden Schlepper vom Werk mitgelieferten Prüfpapiere vorzulegen sind.
Hat sich die Luftflasche aus irgendwelchen Gründen entleert, so kann der Motor auch aus einer anderen Flasche mit Druckluft oder Kohlendioxyd angelassen werden, aber nie aus einer Sauerstoffflasche. Die Anlaßleitung wird in diesem Fall vom Ventilkopf der Luftflasche abgeschraubt und an die Hilfsflasche angeschlossen. Dabei ist der Druck der Hilfsflasche zu beachten. Die Anlaßleitung darf nicht höher als mit 35 atü belastet werden, die Hilfsflasche muß evtl. Ein Druckminderventil haben. Wird Sauerstoff zum Anlassen benutzt, so wird der Motor zerrissen, und durch die Sprengwirkung besteht Lebensgefahr. Deshalb ist beim Benutzen von Hilfsanlaßflaschen genau zu prüfen, ob kein Sauerstoff in der Flasche ist. Sauerstofflaschen sind blau markiert.
Anlaßvorgang
Beim Anlassen erhält entweder der Kolben des Zylinders 2 oder des Zylinders 3 einen Luftstoß. Deshalb ist es notwendig, die Kurbelwelle mit der Andrehkurbel vorher so weit zu drehen, bis Kolben 2 oder 3 den oberen Totpunkt ein wenig überschritten haben, so daß das Ein- und Auslaßventil geschlossen sind. Diese Stellung wird zweckmäßig am Kurbelgehäuse und der Keilriemenscheibe der Kurbelwelle markiert, da durch eine genaue Totpunkteinstellung der Motor rückwärts anlaufen konnte. Wird z.B. Kolben 3 eingestellt und das Hauptventil geöffnet, dann strömt die Luft durch die Anlaßleitung zum Anlaßsteuerventil. Wird jetzt der Handhebel in Richtung des gestrichelten Pfeiles betätigt, so legen sich die Kniehebel an die Nocken, und der rechte Ventilkegel des Steuerventils öffnet sich, da der Steuernocken durch das vorherige Einstellen des Motors bereits in Öffnungsstellung steht. Die Luft strömt durch die Anlaßleitung und das Anlaßventil in den Zylinder 3 und drückt den Kolben nach unten.
Der plötzliche Druck gibt dem Kolben einen so starken Impuls, daß im Zylinder 3 ein Hub erfolgt, wodurch sich die Kurbelwelle dreht. Das Anlaßventil des Zylinders 3 schließt kurz vor Hubende des Kolbens 3. Die Kurbelwelle dreht sich zunächst über je eine Verdichtung im Zylinder 1 und Zylinder 2. Hierbei hat sich die Nockenwelle so weit gedreht, daß der linke Ventilkegel des Anlaßsteuerventils geöffnet wird. Es erfolgt ein Luftstoß durch die Anlaßleitung auf Kolben 2, und dieser führt einen Hub aus, wodurch sich die Kurbelwelle weiter dreht, so daß Kolben 4 und 3 verdichten. Hierauf wiederholt sich der gesamte Vorgang.
Infolge der durch das Verbrennungsverfahren bedingten “Anlaßfreudigkeit” des Motors wird dieser meistens bereits bei der ersten Verdichtung im Zylinder 1 zünden und auf diesem Zylinder anspringen. Dabei erhält der Motor eine höhere Drehgeschwindigkeit, die das schnelle Zünden der anderen Zylinder begünstigt. Nach dem Anspringen des Motors wird der Handhebel in die Ausgangsstellung zurückgelegt und das Hauptventil fest zugedreht.
Quelle:
НЕМЕЦКИЙ ЯЗЫК ПРАКТИКУМ ПО ПЕРЕВОДУ ДЛЯ СТУДЕНТОВ ИНЖЕНЕРНОГО ФАКУЛЬТЕТА Тверская государственная сельскохозяйственная академия 2003
